Ein Besuch bei der Blutspendezentrale in Freiburg (aus dem Stühlinger Magazin 2024/1)

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2021 war das Stühlinger Magazin zu Besuch bei der Aidshilfe in Freiburg, zum einem, um über diese wich­tige Organisation auf­zu­klä­ren, und zum ande­ren um über das Blutspendeverbot vor allem bei homo­se­xu­el­len Männern zu berich­ten. Nun hat sich in den letz­ten Jahren etwas bei den Richtlinien der Blutspende geän­dert und ein auf­merk­sa­mer Leser brachte uns auf die Idee, noch ein­mal über die Blutspende zu berich­ten und so machte sich das Stühlinger Magazin auf den Weg zum Blutspendezentrum Freiburg und traf sich mit dem ärzt­li­chen Leiter der Blutspendezentrale Herrn Dr. Markus Umhau für ein Gespräch.

Die neue Blutspendezentrale im Stühlinger in der Breisacher Str. 115b gibt es nun seit ca. 1,5 Jahren, es bedurfte eini­ger Umbaumaßnahmen für den Publikumsverkehr (zum Beispiel eine neue Lüftungsanlage), um nun eine geeig­nete Zentrale zu haben, die durch ihre hel­len und hohen Räume für eine sehr ange­nehme Atmosphäre sorgt. Diese Atmosphäre wird unter­stützt durch die freund­li­che Begrüßung von Herrn Umhau, er bie­tet uns Kaffee an, wir bekom­men ihn ser­viert in einer Tasse des Blutspendezentrums, die wir am Ende des Gesprächs – wie auch die Spender:innen (nach ihrer zwei­ten Blutspende) – mit nach Hause neh­men dür­fen. Auf der Tasse ist die eigene Blutgruppe ver­merkt. Das Gespräch wird beglei­tet aber nicht gestört durch immer wie­der piep­sende elek­tri­sche Geräte der Blutspende und das geschäf­tige Treiben der Blutabnahmen im Nebenraum.

Herr Umhau selbst ist seit 2000 an der Uniklinik beschäf­tigt und seit 2005 die ärzt­li­che Leitung der Blutspende und kennt daher schon die frü­her im Haus Langerhans unter­ge­brachte Blutspende, aus Studienzeiten sogar noch den Vor-Vorgänger-Standort im Torbogen. Als ärzt­li­che Leitung ist er unter ande­rem für die Aktualisierung der Prozesse, die Weiterverarbeitung des Blutes, Qualitätssicherung, Notfallbetreuung, aber auch für Gespräche mit der Öffentlichkeit und mit Spender*innen und vie­les mehr ver­ant­wort­lich.

Dr. Umhau (Mitte) mit Team und einer Spenderin

Dabei geht es immer – das betont Herr Umhau in dem Gespräch mehr­fach – darum, ein siche­res Produkt her­zu­stel­len, das den Empfänger*innen hilft und Menschenleben ret­ten kann, ohne dabei poten­ti­elle Empfänger*innen in Gefahr zu brin­gen. Die Sicherheit muss auch bei dem altru­is­ti­schen Gedanken der Blutspende, ande­ren Menschen zu hel­fen, stets gege­ben sein. Denn das gespen­dete Blut wird letzt­end­lich wie eine Medikation gehand­habt, ver­gleich­bar etwa mit Antibiotika oder einer Infusion und jede*r Empfänger*in muss sich dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass ihnen dadurch kein Schaden zuge­fügt wird. Die grund­le­gen­den Regelungen hier­für legt die Bundesärztekammer fest, die nun auch einige Änderungen vor­ge­nom­men hat.

(hier fin­den Sie die neue Richtlinie Hämotherapie 2023 als PDF (bun​des​aerz​te​kam​mer​.de))

Zum einen dür­fen nun auch Menschen über 60 nach vori­ger Untersuchung spen­den, durch die Untersuchung bleibt das Wohlergehen der Spender*innen gesi­chert. Die zweite große Änderung ist, dass auch die pau­schale Ausgrenzung von homo­se­xu­el­len Männern abge­schafft wurde. Bisher galt, dass Männer, die mit Männern Sex haben, in Deutschland nur Blut spen­den durf­ten, wenn sie ein Jahr lang sexu­ell abs­ti­nent gelebt hat­ten. Durch die­ses vor­ge­schrie­bene Abstinenzjahr wur­den nicht nur viele Klischees bestärkt und wie­der­be­lebt, son­dern es wurde auch eine vom Staat aner­kannte pau­schale Diskriminierung vor­ge­nom­men. Aber diese staat­li­che Diskriminierung von Homosexuellen hat nun ein Ende, denn es wird nur noch dar­auf geach­tet, wie häu­fig jemand seine Sexualpartner*innen im Laufe eines Jahres wech­selt – dabei sind maxi­mal zwei neue*e Partner*in inner­halb von vier Monaten erlaubt, unab­hän­gig von Geschlecht oder Sexualität. Allerdings bestehen wei­tere Einschränkungen auf­grund der Sexualpraktiken. Die Sicherheit des Produkts bleibt damit gewähr­leis­tet und Menschengruppen dür­fen nun Blut spen­den, die zuvor nicht die Möglichkeit dazu hat­ten.

Seit Inkrafttreten der neuen Regelungen nimmt Herr Umhau aller­dings kaum eine Änderung am Spendenvolumen wahr, zumin­dest las­sen sich Fluktuationen der Spendenzahlen nicht mono­kau­sal erklä­ren, dafür scheint der Einfluss der Regeländerungen nicht groß genug zu sein. Immerhin haben die Nachfragen zu die­sen Themen abge­nom­men, lei­der in den letz­ten Jahren aber auch die Anzahl der Spender*innen. Ganze 10% weni­ger Spender*innen sind im Vergleich zu den Vorjahren (noch im Haus Langerhans) zu ver­zeich­nen. Viele Studierende spen­den Blut, aber eine Großzahl an jun­gen Menschen wer­den trotz viel­sei­ti­ger Bewerbung und Aktionen nicht erreicht. Viele wis­sen nicht, ob sie Blut spen­den kön­nen, dar­auf hat Herr Umhau eine klare Antwort „Jeder, der in der Lage ist, ohne Probleme in den 3. Stock zu lau­fen und wie­der zurück ohne Kreislaufprobleme zu bekom­men, kann Blut spen­den“ und das gelte eben auch für Menschen über 60, ohne aus­schlie­ßende Vorerkrankungen. Zu den aus­schlie­ßen­den Vorerkrankungen gehört nach Richtlinie der Bundesärztekammer etwa Diabetes auf­grund der Verabreichung von Insulin. Diese Regelung stößt bei Herrn Umhau auf kein Verständnis, ebenso die Regel, dass Männer ledig­lich alle zwei Monate, Frauen alle drei Monate zur Blutspende gehen kön­nen, im Grunde sei es eine indi­vi­du­elle Frage, wie schnell sich die Blutwerte wie­der erho­len, und man­che könn­ten theo­re­tisch auch öfter ohne Probleme Blut spen­den. Auch die Wartezeiten zwi­schen medi­zi­ni­schen Eingriffen und einer erneu­ter Blutspende sind aus Sicht von Herr Umhau zu lang, so muss man nach einer Operation vier Monate war­ten, bis man wie­der Spenden gehen darf. Dabei wäre es so wich­tig, weni­ger Hürden bei der Blutspende zu haben, um die wich­tige und vie­ler­lei genutzte, aber eben auch knappe Ressource sor­gen­frei ein­setz­ten zu kön­nen. „Man ist aber an die Regularien gebun­den“, so Umhau. Über die Vorgaben kön­nen sich poten­ti­elle Spender*innen unkom­pli­ziert auf der Webseite der Blutspende infor­mie­ren: www​.blut​spende​-uni​kli​nik​.de

Das Blutspendezentrum hat eine gut funk­tio­nie­rende Öffentlichkeitsarbeit und hat so sel­te­ner Probleme mit Blutmangel als viele andere Einrichtungen, trotz­dem gibt es immer wie­der Phasen, in denen ein­fach weni­ger gespen­det wird. Aktuell ist der Blutvorrat in Ordnung, es ist wenig los in der Klinik, aber vor Weihnachten wurde es eng mit dem Vorrat, gerade bei der Blutgruppe Null nega­tiv (0 Rh-). Blutspenden mit der Blutgruppe Null kön­nen v.a. in Notfällen, allen Patient*innen ver­ab­reicht wer­den, wenn es schnell gehen muss und die Blutgruppe nicht erst noch ermit­telt wer­den kann, da es mit allen ande­ren Blutgruppen kom­pa­ti­bel ist. Die Blutgruppe 0 mit nega­ti­ven Rhesusfaktor hat noch ein­mal geson­derte Bedeutung, da sie in Notfällen für Mädchen und Frauen im gebär­fä­hi­gen Alter ein­ge­setzt wird. Bei Schwangerschaften oder Bluttransfusionen kann es durch Blut mit posi­ti­ven Rhesusfaktor zu schwe­ren Komplikationen kom­men, wenn die Empfängerin einen nega­ti­ven Rhesusfaktor hat. Deshalb ist die Blutspende beson­ders auf Spender*innen mit der Blutgruppe Null nega­tiv ange­wie­sen.Stühlinger Magazin im Gespräch mit Dr. Umhau

Eine wirk­li­che Kontinuität bezüg­lich der Spenderhochzeiten und Tiefs lässt sich nicht wirk­lich erfas­sen. Doch auf­fäl­lig ist, dass gerade nach den gro­ßen Sommerferien Spenden zurück­ge­hen, was sich damit erklä­ren lässt, dass die Studierenden dann in den Urlaub fah­ren und andere Reiserückkehrer mit Infektionen aus dem Urlaub zurückkom­men und auf­grund von Aufenthalten in Ländern mit in Deutschland nicht eta­blier­ten Infektionskrankheiten aus Sicherheitsgründen erst ein­mal nicht spen­den dür­fen. Die Blutspendezentrale ver­sucht aber immer wie­der mit ein­la­den­den Aktionen mehr Menschen zur Blutspende zu moti­vie­ren, wie im Sommer mit einem lecke­ren Eis oder zu Fasnet mit einer Berliner-Aktion. So gibt es im Februar jeden Montag, Dienstag und Freitag von 08:30–10:30 Uhr Berliner als Dankeschön für die Blutspende. Es lohnt sich also immer mal wie­der auf die Homepage zu schauen, und sich auf dem Laufenden zu hal­ten.

Das gespen­dete Blut wird in vie­ler­lei Sicht ver­wen­det, das meiste Blut geht ans Uniklinikum (mit sei­nen zwei Standorten in Freiburg und Bad Krozingen), es wer­den aber auch die Artemed-Kliniken (St. Josefs-Krankenhaus und Loretto-Krankenhaus) und einige Praxen belie­fert. Am Uniklinikum gibt es vor allem Bedarf in der Onkologie, der Kinderklinik, für die ope­ra­tive Medizin, Transplantationen und Unfallchirurgie. Neben Vollblutspenden wer­den auch Plasmaspenden und Thrombozyten gebraucht, die lei­der nur eine sehr kurze Haltbarkeit von ledig­lich vier Tagen haben, aber sehr oft gebraucht wer­den, wodurch eigent­lich viele Spender*innen gebraucht wer­den.

Die Blutspende an sich funk­tio­niert sehr nie­der­schwel­lig. Auf der Webseite kann man sich mit den wich­tigs­ten Informationen ver­traut machen und prü­fen, ob man für die Blutspende in Frage kommt, wobei man hier nicht den Hinweis von Herrn Umhau ver­ges­sen sollte: „Jeder, der in der Lage ist ohne Probleme in den 3. Stock zu lau­fen, kann Blut spen­den“. Auf der Homepage kann man sich dann schon ein­mal den Aufklärungsfilm anschauen und den Fragebogen aus­fül­len, die­sen kann man aber auch erst vor Ort aus­fül­len. Mitzubringen wäre der Personalausweis und der Impfausweis, man soll gesund, nicht mit nüch­ter­nem Magen aber ohne akute Infektion kom­men, nach einer Corona-Infektion muss man z.B. vier Wochen war­ten, bis man wie­der Blut spen­den kann, nach einer Erkältung nur eine Woche. Dann wird man auch schon als Blutspender*in regis­triert, es folgt eine kurze Untersuchung und in einem ver­trau­ens­vollen Aufklärungsgespräch kön­nen alle Fragen geklärt wer­den. Dann kann schon gespen­det wer­den, was im Schnitt ledig­lich 12 Minuten in Anspruch nimmt. Auch Menschen, die Angst haben, dass ihr Kreislauf zusam­men­bricht, müs­sen sich keine Sorge machen, denn auch für diese Fälle ist die Blutspendezentrale bes­tens vor­be­rei­tet und hat Infusionen und Getränke zur Stelle. Darauf darf auch zurück­ge­grif­fen wer­den, wäh­rend nach der Spende noch eine halbe Stunde vor Ort ver­weilt wird.

Was gäbe es noch zu tun, auch für die Politik, um die Situation zu ver­bes­sern? Auf die Frage ant­wor­tet Herr Umhau, dass es gut wäre, wenn Politiker*innen mit gutem Beispiel voran gehen und regel­mä­ßig zur Blutspende kämen, die­ses auch öffent­lich kund­tun und nicht nur dar­über spre­chen.

Auf Blutspenden sind poten­ti­ell alle Menschen ange­wie­sen im Notfall oder bei Erkrankungen. Deshalb bedeu­tet eine regel­mä­ßige Blutspende die Möglichkeit, regel­mä­ßig Leben zu ret­ten. Wer Blutspenden kann, ist herz­lich dazu ein­ge­la­den. Für mehr und wei­tere Informationen kön­nen Sie die Homepage der Blutspende besu­chen. Auch das Team vor Ort steht für Fragen zur Verfügung.

 

Text: Franziska Ehmer