Interview mit der Bundestagskandidatin Julia Söhne

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Sie kan­di­die­ren für die SPD im Wahl­kreis 281 für den Bun­des­tag, haben sich aber nicht um einen siche­ren Lis­ten­platz der baden-würt­tem­ber­gi­schen SPD bewor­ben und daher auch nicht bekom­men. Jetzt haben Sie nur eine Mög­lich­keit, dem nächs­ten Bun­des­tag anzu­ge­hö­ren: Sie müs­sen das Direkt­man­dat im Wahl­kreis gewin­nen, zu dem neben Frei­burg noch zehn Umland­ge­mein­den gehö­ren.

Julia Söh­ne: Ein Direkt­man­dat kann ich nur gewin­nen, wenn ich die Men­schen vor Ort von mei­ner Per­son über­zeu­ge. Das ist ein Weg, der Ent­frem­dung zwi­schen Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­kern sowie Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ent­ge­gen­zu­wir­ken. Bei der Kom­mu­nal­wahl 2014 und 2019 habe ich jeden­falls gezeigt, dass ich als jun­ge Kan­di­da­tin sehr gute Ergeb­nis­se erzie­len kann. 2019 habe ich das fünf­bes­te Ergeb­nis aller 48 Gemein­de­rä­tin­nen und –räte erreicht.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: In der Tat haben Sie schon in der Poli­tik sehr früh Ver­ant­wor­tung über­nom­men. Mit 25 Jah­ren haben Sie das Frak­ti­ons­bünd­nis zwi­schen SPD und Kul­tur­lis­te aus­ge­han­delt und wur­den dann Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der Gemein­de­rats­frak­ti­on SPD/Kulturliste. Offen­sicht­lich haben Sie sich schon sehr früh poli­tisch enga­giert?

Julia Söh­ne: Im Novem­ber wer­de ich zwölf Jah­re SPD-Mit­glied sein, d. h. ich bin mit sech­zehn Jah­ren der SPD bei­getre­ten. Poli­tisch enga­giert habe ich mich aber schon im Alter von vier­zehn Jah­ren. Zunächst habe ich bei Demos und Schü­ler­streiks gegen maro­de Schu­len und die Bil­dungs­po­li­tik, wie z. B. die Ein­füh­rung von G8 oder gegen Stu­di­en­ge­büh­ren, teil­ge­nom­men. Es gab auch ganz all­täg­li­che Pro­ble­me, wie zum Bei­spiel schlech­te Bus­ver­bin­dun­gen von Frei­burg ins Umland, die mich und mei­ne Freund:innen abends vom Fei­ern nicht mehr nach Hau­se gebracht haben.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Wie wur­den Sie dann schließ­lich Mit­glied in der SPD?

Julia Söh­ne: Der Weg in die SPD war nicht vor­ge­zeich­net. Zunächst fand ich Jun­ges Frei­burg ziem­lich cool, dann woll­te ich mal bei allen poli­ti­schen Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen und Grup­pie­run­gen vor­bei­schau­en. Bei den Jusos traf ich schließ­lich auf ein leben­di­ges Team, bei dem ich mich sehr wohl gefühlt habe. Da waren der heu­ti­ge SPD-Stadt­rat Juli­en Ben­der oder der jet­zi­ge Bür­ger­meis­ter von Rust, Joa­chim Kla­re, dabei. Gut, dass ich da mei­nen Ein­stieg in die Poli­tik gefun­den habe. Das The­men­spek­trum in einer poli­ti­schen Par­tei ist ein­fach viel brei­ter, als in den klei­nen poli­ti­schen Grup­pie­run­gen. Heu­te bin ich froh, dass ich die­sen Weg so gegan­gen bin, weil die Kon­zep­te der SPD auch Lösun­gen für die Pro­ble­me in mei­nem per­sön­li­chen Umfeld anbie­ten.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Kön­nen Sie uns das erläu­tern?

Julia Söh­ne: Neh­men Sie die Gesund­heits­po­li­tik. Mei­ne Schwes­ter und mein Mann arbei­ten als Kran­ken­pfle­ger im Gesund­heits­we­sen, mein Mann in der Frei­bur­ger Uni­kli­nik. Von ihnen weiß ich, dass vie­le Pfle­gen­de nicht die Wert­schät­zung erfah­ren, die sie ver­die­nen. Sie ver­mit­teln mir immer wie­der, dass das Gesund­heits­sys­tem mehr Mensch­lich­keit und weni­ger Pro­fit­druck braucht. Mehr Zeit für die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die Pfle­ge­rin­nen und Pfle­ger lei­der nicht haben, bedeu­tet oft einen schnel­le­ren Hei­lungs­pro­zess. Ich set­ze mich für eine bes­se­re Bezah­lung und eine moder­ne Aus­bil­dung für Pfle­ge­kräf­te ein. Auch die Rah­men­be­din­gun­gen müs­sen ver­bes­sert wer­den. Alles Punk­te, die Sie im Wahl­pro­gramm der SPD fin­den kön­nen.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: War­um kan­di­die­ren Sie jetzt für den Bun­des­tag?

Julia Söh­ne: Mein zen­tra­les The­ma ist die Poli­tik für Mie­te­rin­nen und Mie­ter. Gemein­sam mit OB Mar­tin Horn haben wir in einem lang­wie­ri­gen Pro­zess mit dem Gesamt­kon­zept „Bezahl­bar Woh­nen 2030“ vie­le Punk­te umge­setzt, um die Woh­nungs­not Frei­burg bes­ser in den Griff zu bekom­men. Wir dür­fen es nicht zulas­sen, dass sich bald nur noch bestimm­te Leu­te eine Woh­nung in Frei­burg leis­ten kön­nen. Für vie­le Men­schen wird es immer schwie­ri­ger, bezahl­ba­ren Wohn­raum zu fin­den oder sich gegen über­höh­te For­de­run­gen von Ver­mie­te­rin­nen und Ver­mie­ter zu weh­ren. Genau des­we­gen ste­hen wir als Frak­ti­ons­ge­mein­schaft SPD/Kulturliste zu dem FSB-Sozi­albo­nus, zu dem Inves­ti­ti­ons­pro­gramm der FSB und zur Wohn­bau­of­fen­si­ve.

Immer wie­der sto­ße aber ich in der Kom­mu­nal­po­li­tik an Gren­zen, wenn ich mich dafür ein­set­ze, dass Woh­nen bezahl­bar bleibt. Das geht nur mit mehr Geld für den sozia­len Woh­nungs­bau, einer Miet­preis­brem­se und stär­ke­ren Instru­men­ten für Kom­mu­nen, um Leer­stand und Luxus­sa­nie­run­gen ent­ge­gen­zu­tre­ten. Die Ent­schei­dun­gen für Fort­schrit­te in der Mie­ter­po­li­tik fal­len aber im Bun­des­tag. Dafür möch­te ich mich mit mei­nen kom­mu­nal­po­li­ti­schen Erfah­run­gen nach­drück­lich ein­set­zen.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Ist Olaf Scholz der rich­ti­ge Kanz­ler­kan­di­dat?

Julia Söh­ne: Als Per­son kommt er in Umfra­gen bes­ser weg, als die Kan­di­da­tin der Grü­nen und der Kan­di­dat der CDU. Gut fand ich schon immer, dass er als Ers­ter Bür­ger­meis­ter von Ham­burg vie­le Sozi­al­woh­nun­gen gebaut hat. Er will in der nächs­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode min­des­tens 400.000 neue Woh­nun­gen pro Jahr schaf­fen, davon min­des­tens ein Drit­tel, die mit einem durch­schnitt­li­chen Ein­kom­men bezahl­bar sind. Hin­zu sol­len 100.000 neue Sozi­al­woh­nun­gen pro Jahr kom­men.

Skep­tisch war ich immer gegen­über sei­ner Poli­tik der schwar­zen Null. Davon hat er sich aber in den letz­ten zwei Jah­ren ver­ab­schie­det. Sei­ne lang­fris­ti­gen Bemü­hun­gen um eine glo­ba­le Min­dest­steu­er tra­gen lang­sam Früch­te. Das ist näm­lich die Vor­aus­set­zung, dass wir glo­bal eine gerech­te­re Ver­mö­gens­ver­tei­lung errei­chen. Ich bin über­zeugt, dass SPD und Olaf Scholz bis zur Bun­des­tags­wahl die Men­schen dafür über­zeu­gen wer­den, dass unser Land wie­der einen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Bun­des­kanz­ler braucht.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Was machen Sie in Ihrer Frei­zeit?

Julia Söh­ne: Durch Arbeit und Poli­tik habe ich ein eng getak­te­tes Tages­pen­sum, das oft bis in die Abend­stun­den geht. Um einen Aus­gleich zu haben, tref­fe ich mich in mei­ner Frei­zeit im engen Freun­des­kreis zum gemein­sa­men Kochen oder wir gehen zusam­men wan­dern. Ab und zu las­se ich den Tag in der Stüh­lin­ger Gas­tro­no­mie aus­klin­gen.

Wich­tig ist mir auch das Hand­ball­spie­len. Da bin ich seit mei­nem fünf­ten Lebens­jahr dabei. Dazu hat mich mei­ne Mut­ter moti­viert, die auch akti­ve Hand­bal­le­rin war. Der­zeit spie­le ich aktiv in der drit­ten Mann­schaft der HSG Frei­burg, die in der Lan­des­li­ga Süd ist. In der Mann­schaft bin ich Kapi­tä­nin und über­neh­me im Vor­stand als stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der HSG Frei­burg seit zehn Jah­ren Ver­ant­wor­tung.

Stüh­lin­ger MAGAZIN: Frau Söh­ne wir dan­ken Ihnen für das Gespräch und wün­schen Ihnen beim Wahl­kampf um das Direkt­man­dat viel Erfolg!