Neues Recht für Sammelklagen für Verbraucher

Dieser Artikel ist für alle vom Dieser Artikel ist für alle vom Dieselskandal betrof­fe­nen Leser wich­tig, denn gerade noch recht­zei­tig, bevor die Verfehlungen der Autobauer bei den Diesel-Abgaswerten ver­jäh­ren, hat das Parlament die von der SPD ein­ge­brachte Musterfeststellungsklage beschlos­sen. Sie tritt am 1. November in Kraft.
Worum geht es? Wenn ein Hersteller eines Produkts gegen Gesetze ver­stößt, z.B. indem sein Produkt gif­tige Stoffe ent­hält, kann man als Betroffener den Hersteller auf Schadenersatz ver­kla­gen. Jedoch muss das bis­her jeder Betroffene ein­zeln. Da die meis­ten Produkte maschi­nell gefer­tigt wer­den, sind viele Personen genau gleich betrof­fen. Aktuell muss also noch jeder Autobesitzer den Hersteller ein­zeln ver­kla­gen, auch wenn es zum sel­ben Sachverhalt bereits meh­rere Urteile gibt. Es ist also sinn­voll, dass die Gerichte ein­ma­lig fest­stel­len, dass es einen Gesetzesverstoß bei einem Produkt gab und dass alle Betroffenen ent­schä­digt wer­den kön­nen.
Anderen Staaten wie die USA haben daher Sammelklagen ein­ge­führt. Dabei schlie­ßen sich meh­rere Betroffene zu einer Art Klageverein zusam­men und kla­gen. So muss das Gericht nur ein­ma­lig ent­schei­den und die Betroffenen kön­nen sich die Anwaltskosten tei­len. Ist die Klage erfolg­reich, wer­den alle, die sich an der Klage betei­ligt haben, ent­schä­digt. Alle ande­ren jedoch nicht. Das hat somit den Nachteil, dass man nicht nach­träg­lich kla­gen kann, auch wenn man betrof­fen ist.
Um die sinn­volle Sammelklage ein­zu­füh­ren, ohne jedoch ihre Nachteile zu über­neh­men, hat man fol­gen­des System ent­wor­fen: Klageberechtigt sind nur soge­nannte qua­li­fi­zierte Vereine wie z.B. Verbraucherverbände. Diese ver­tre­ten im ers­ten Schritt exem­pla­risch 10 Geschädigte. Die Klage geht direkt an ein Oberlandesgericht, da das Urteil für alle Verbraucher den Sachverhalt fest­stel­len soll. Das Gericht kann die Klage als offen­sicht­lich unbe­grün­det ableh­nen oder anneh­men. Wenn es sie annimmt, legt das Bundesamt für Justiz ein Klageregister an. In die­ses müs­sen sich inner­halb von 2 Monaten min­des­tens 50 Geschädigte ein­tra­gen. Keiner, der sich ein­trägt, hat dabei das Risiko, dass er die Prozesskosten tra­gen müsste, wenn die Klage nicht erfolg­reich ist. Das senkt die Hemmschwelle, sich ein­zu­tra­gen. Außerdem wird für alle Eingetragenen die Verjährung solange auf­ge­scho­ben, bis ein Urteil ergan­gen ist.
Übertragen auf den Dieselskandal heißt das, dass Verbraucherverbände am 1. November Musterfeststellungsklagen ein­le­gen wer­den. Sobald ein Gericht diese annimmt, ist für jeden Hersteller und Motor die erste ange­nom­mene Klage ent­schei­dend, denn ein Hersteller kann wegen des­sel­ben Sachverhalts nur ein­mal ver­klagt wer­den. Nun hat man zwei Monate Zeit, also vsl. bis Jahresende, um sich als Geschädigter in das ent­spre­chende Klageregister ein­zu­tra­gen. Die Schadensersatzansprüche wür­den am 1. Januar 2019 ver­jäh­ren (3 Jahre ab Beginn des Folgejahres nach Bekanntwerden). Ist man ein­ge­tra­gen, wird die Verjährung bis zum Urteil gestoppt. Wer also vor­hat, sei­nen Autohersteller zu ver­kla­gen, muss sich auf jeden Fall ein­tra­gen. Entscheidet das Gericht für die Klage, ist fest­ge­stellt, dass alle Besitzer des­sel­ben Motors im Auto ein Recht auf Entschädigung haben.
Der Wermutstropfen ist nun, dass man sich zwar auf das Urteil beru­fen kann und auch weiß, dass einem eine Entschädigung zusteht, wie hoch diese genau aus­fällt, muss man jedoch wei­ter­hin selbst mit einer eige­nen Klage gegen den Hersteller urtei­len las­sen. Dies wurde bewusst so fest­ge­legt, denn der Motor kann in ver­schie­den teu­ren Autos ver­baut sein. Es muss also im Einzelfall ent­schie­den wer­den, wie hoch die Entschädigung ist.
Sie wer­den in den nächs­ten Monaten viel in den Medien zur Musterfeststellungsklage hören. Wie bei jedem neuen Verfahren wer­den sich die Schwachpunkte erst im Laufe der Zeit her­aus­stel­len. Daher ist die Politik immer aktiv und jus­tiert Gesetze per­ma­nent nach, wenn Verbesserungsbedarf besteht. Obwohl dar­über sel­ten berich­tet wird, ist diese Justierung der größte Teil der Regierungsarbeit. Um zu sehen, wie viel jeden Monat an Gesetzen und Verordnungen geän­dert wird, brau­chen Sie nur unter www​.bun​des​rat​.de die Rubrik Bundesrat KOMPAKT auf­ru­fen. Die Medien berich­ten kor­rek­ter­weise über Missstände, denn das ist auch ihre Aufgabe. Leider berich­ten sie kaum dar­über, wenn ein Missstand besei­tigt wird. Dadurch haben die Bürger oft das Gefühl, dass die Welt vol­ler Missstände ist, und sich nie­mand darum küm­mert.
Sie sehen außer­dem, dass sich die SPD in der GroKo für Ihre Belange ein­setzt, auch wenn sie das lei­der nicht gut kom­mu­ni­ziert.