Halbzeit beim Projekt der Freiburger „Stadtpolizei“

Das Auto der Stadtpolizei, © Ramon Oswald

Hinter dem sper­ri­gen Namen Vollzugsdienst der Polizeibehörde ver­birgt sich Freiburgs kom­mu­nale Polizei. Nachdem vor 5 Jahren die Einführung des Kommunalen Ordnungsdienstes als städ­ti­sche Polizei noch geschei­tert war, wurde im ver­gan­ge­nen Jahr ein neuer Anlauf genom­men. Der Auslöser war, dass die Kriminalität in Freiburg über dem Landesdurchschnitt lag. In einer Vereinbarung mit dem Land wurde die Landespolizei per­so­nell in Freiburg auf­ge­stockt und die Stadt führte eine kom­mu­nale Polizei ein. Die Idee der kom­mu­na­len Polizei ist, dass diese sich haupt­säch­lich um Ordnungswidrigkeiten küm­mert und vor allem prä­ven­tiv tätig wird. Straftäter wer­den immer der Landespolizei über­ge­ben, mit der man eng zusam­men­ar­bei­tet. Kommunale Polizisten kön­nen an Brennpunkten ver­stärkt zum Einsatz kom­men, wäh­rend die Landespolizei ent­las­tet wird und mehr Kapazitäten für z.B. die Ermittlung bei Strafverfahren bekommt. Die kom­mu­nale Polizei hat die­sel­ben Befugnisse wie die Landespolizei, sie trägt daher auch eine blaue Uniform. Sie hat jedoch weder Schlagstöcke noch Schusswaffen, kann daher nicht in allen Fällen ein­grei­fen. Zum eige­nen Schutz tra­gen die Polizisten eine Schutzweste und Pfefferspray.
Freiburgs „Stadtpolizei“ ist erst ein­mal als Projekt auf zwei Jahre ange­legt. Zur Halbzeit des Projekts hat das Stühlinger Magazin mit Polizisten in der Innenstadt gespro­chen und sich mit dem Leiter der Stadtpolizei, Herrn Oswald, getrof­fen, um eine Zwischenbilanz zu zie­hen.
Derzeit hat die Stadtpolizei 12 Polizisten, die in der Regel zu zweit in zwei Schichten Streife lau­fen. Aktuell gibt es für sie nur ein Auto, wobei ein zwei­tes bereits bewil­ligt ist. Mit nur 12 Leuten kann die Stadtpolizei nur in bestimm­ten Zeiten aktiv sein. Derzeit ist das Montags von 11–19 Uhr, Di–Do von 9:15–21:15 Uhr, Fr von 9:15–0:30 Uhr und von Sa 15 Uhr – So 6 Uhr mor­gens. Die Hälfte der Polizisten hat vor­her beim Gemeindevollzugsdienst gear­bei­tet. Sie ken­nen die Stadt daher gut und konn­ten so ihre neuen Kollegen gut ein­wei­sen
Die Stadtpolizei hat nicht nur einen ande­ren Aufgabenbereich als die Landespolizei, son­dern auch ein ande­res Konzept. Es geht in ers­ter Linie darum, durch Präsenz Missstände anzu­spre­chen, auf­zu­klä­ren und so ohne Konfrontation Probleme wie Müll, Wildpinkeln, Lärm dau­er­haft in den Griff zu bekom­men. Dies kommt in der Bevölkerung und auch bei den Touristen bis­her gut an. Gerade bei Touristen sieht man, dass sich die Stadtpolizei auch die Zeit nimmt, einen Weg zu zei­gen, die Öffnungszeit eines Museums zu recher­chie­ren oder das System der VAG-Fahrkarten zu erklä­ren.
Das sanfte Konzept, lie­ber noch ein­mal erklä­rend zu ver­war­nen, scheint auf­zu­ge­hen. So ging die spon­tane Feier am Café Extrablatt mit meh­re­ren hun­dert Abiturienten so aus, wie es in einer Großstadt sein sollte: Auch wenn nichts ange­mel­det war, konnte gefei­ert wer­den, weil man groß­zü­gig war. Die Abiturienten haben die Feier bei­zei­ten been­det und die von der Stadtpolizei orga­ni­sier­ten Müllsäcke danach gut gefüllt. Die Alternative eines Platzverweises hätte hin­ge­gen nur für Ärger gesorgt, denn die Abiturienten wären frus­triert, die Polizisten müss­ten sich mit der Verwaltung von Anzeigen beschäf­ti­gen statt drau­ßen prä­sent zu sein und die Stadtreinigung hätte eine Sonderschicht ein­le­gen müs­sen, was Zeit und Geld gekos­tet hätte.

Ramon Oswald, Leiter der Stadtpolizei, © Ramon Oswald

Wer auf münd­li­che Verwarnungen nicht reagiert, muss mit Verwarn- oder Bußgeld rech­nen. Zum Beispiel kos­tet Wildpinkeln mit allen Verwaltungsgebühren 128,50 €. Je nach Jahreszeit gibt es bestimmte Probleme, die ange­gan­gen wer­den. Im Sommer ist das vor allem die Außenbewirtschaftung in der Innenstadt und wil­des Grillen am Seepark und an der Dreisam. Die Stadtpolizei hat für die meis­ten Ordnungswidrigkeiten Handzettel parat, die erklä­ren und infor­mie­ren. Beim Grillen fehlt die­ser lei­der noch, obwohl viele nicht wis­sen, wo es Grillplätze gibt und bei wel­chen Plätzen man sich vor­her anmel­den muss oder reser­vie­ren kann und wer dazu der Ansprechpartner ist.
In der Stadt gibt es momen­tan diese Brennpunkte: Colombipark (Drogen), Stadtpark (Lärm), Seepark (Grillen), Stühlinger Kirchplatz (Drogen und Pinkeln). Um diese Brennpunkte kon­se­quen­ter abzu­lau­fen und den­noch stadt­weit prä­sent zu sein, fehlt Personal. Wenn die Stadtpolizei auf Dauer wirk­sam sein soll, wird man nicht umhin kom­men, statt 12 Personen 18 oder bes­ser 24 zu haben. Dann kann man zeit­lich fle­xi­bler in drei Schichten patrouil­lie­ren, auch bei Veranstaltungen unter der Woche nachts prä­sent sein, sowie Krankheit und Urlaubszeiten abfe­dern.
Die Rückmeldungen aus dem Stühlinger sind posi­tiv. Wie in ande­ren Stadtteilen, wün­schen sich die meis­ten Bürger noch mehr Präsenz. Die Anwohner des Kirchplatzes wün­schen sich zudem eine lang­fris­tige Lösung gegen das Wildpinkeln. In der Diskussion mit Herrn Oswald kam dem Stühlinger Magazin die Idee, dass eine mach­bare Lösung der Bau einer Pinkelmauer wäre. Das Vorbild ist die soge­nannte „Befreiungshalle“ im Augustiner-Biergarten in München. So eine Mauer passt neben die Glascontainer beim Boule-Platz, sie braucht kein Personal und Betrunkene kön­nen kaum etwas zer­stö­ren. So hätte man rund um die Uhr eine Möglichkeit aus­zu­tre­ten und die Stadt mini­male Kosten. Die Stühlinger SPD wird die Idee wei­ter ver­fol­gen.
Alles in allem kann man als Halbzeitbilanz über die Stadtpolizei sagen, dass sie sinn­voll ist, weil die Bürger sie anneh­men. Sie braucht mehr Personal, wenn sie prä­sen­ter sein soll, und sie sollte zum Selbstschutz auch Teleskop-Schlagstöcke tra­gen dür­fen. Eine Stadtpolizei kann sich orts­kun­dig der aktu­el­len Probleme bes­ser anneh­men als die Landespolizei und das Konzept, lie­ber ein Auge zuzu­drü­cken und zu erklä­ren, hat sich bewährt.
Insofern wird sich die Stühlinger SPD für eine Fortführung der Stadtpolizei ein­set­zen. Sie sollte dann auch wirk­lich „Stadtpolizei“ hei­ßen, denn „Vollzugsdienst der Polizeibehörde“ klingt so nichts­sa­gend wie „Lichtsignalanlage“ statt Ampel.
Viele Meldungen erhält die Stadtpolizei über das Amt für öffent­li­che Ordnung oder die Landespolizei . Jeder Bürger kann sich aber auch direkt an die Stadtpolizei wen­den:
Tel: 0761−201−4923, Email: Vollzugsdienst@stadt.freiburg.de