100 Jahre Frauenwahlrecht

Es ist ein Tag der Freude, das Wahlrecht der Frau jährt sich zum 100. Mal. Einen nicht uner­heb­li­chen Beitrag dazu steu­erte sei­ner­zeit die SPD bei. Doch es war ein lan­ger Weg bis zu die­sem mehr als not­wen­di­gen Gesetz, das Frauen all­ge­mei­nes Wahlrecht zuge­stand. 1908 durf­ten voll­jäh­rige Frauen im gan­zen Kaiserreich erst­mals Mitglied einer poli­ti­schen Partei wer­den. Im glei­chen Jahr beschlos­sen die Sozialdemokraten, dass alle Mitglieder der sozia­lis­ti­schen Frauenbewegung ver­pflich­tet seien, die Mitgliedschaft der SPD zu erwer­ben und somit die selb­stän­di­gen Frauenbildungsvereine auf­ge­löst wer­den soll­ten. Die Frauen setz­ten sich aber wei­ter dafür ein, dass sie ihre Lese- und Diskussionsabende wei­ter­füh­ren konn­ten. Dies wurde erlaubt und auch die sozia­lis­ti­schen Frauenkonferenzen vor den Parteitagen durf­ten wei­ter­hin statt­fin­den. Frauen wur­den nach und nach in der SPD immer mehr mit­ein­be­zo­gen und erhiel­ten Posten als Sekretärin, wodurch die Frauenbewegung mit der Partei immer stär­ker zusam­men­wuchs.

August Bebel, Quelle: https://​www​.dhm​.de/​l​e​m​o​/​b​i​o​g​r​a​f​i​e​/​a​u​g​u​s​t​-​b​e​bel

Das Frauenwahlrecht ist eng ver­bun­den mit dem Namen des Genossen August Bebel. Er schrieb 1879 einen Bestseller mit dem Titel „Die Frau und der Sozialismus“ und kämpfte mit ihm für die Gleichberechtigung. Bebel war den Menschen sei­ner Zeit vor­aus und das nicht nur den Männern, son­dern auch den Frauen. Er ver­trat die Auffassung, dass „was für die Arbeiterklasse recht ist“, also all­ge­meine, geheime Wahlen, für Frauen nicht „unrecht“ sein kann. Er war fest davon über­zeugt, dass durch das Wahlrecht auch die Unmündigkeit der Frau sin­ken würde und dadurch das Bewusstsein für Pflichten ent­ste­hen könnte. Im Kontrast zur zeit­ge­nös­si­schen Meinung, dass das Wahlrecht der Frauen zu Streit in Familien füh­ren würde, war August Bebel ande­rer Meinung: „Mit die­sem Augenblick wer­den zwi­schen Mann und Frau eine Reihe von Anregungen gege­ben, die, weit ent­fernt, ihr gegen­sei­ti­ges Verhältnis zu ver­schlech­tern, es im Gegenteil wesent­lich ver­bes­sern wer­den“. Doch Veränderungen brau­chen Zeit. Als Genosse weiß man, dass es auch in der SPD lange dau­ert, um Veränderungen und Fortschritte her­bei­zu­füh­ren. So dau­erte es in die­sem Fall 15 Jahre, bis die SPD 1891 als erste deut­sche Partei „Allgemeines, glei­ches, direk­tes Wahl- und Stimmrecht mit gehei­mer Stimmabgabe aller über 20 Jahre alten Reichsangehörigen ohne Unterschied des Geschlechts für alle Wahlen und Abstimmungen“ als Forderung in ihr Grundsatzprogramm auf­nahm. Das war ein erheb­li­cher Fortschritt und Bebel kämpfte noch wei­ter. 1895 schrieb er: „Begeht die Frau ein Vergehen oder Verbrechen, so wird ihre Verurtheilung und Strafe genau nach dem­sel­ben Gesetz bemes­sen, das für die Männer gilt. Sie hat also die­sel­ben Pflichten wie der Mann, warum nicht auch die­sel­ben Rechte?“. Noch im glei­chen Jahr reichte die SPD einen Antrag für die Einführung des Frauenwahlrechts im Reichstag ein. Sie blieb aber mit die­ser Idee alleine und fand keine Unterstützung. Viele Jahre spä­ter, näm­lich 1918, trat Wilhelm II. ab und die Republik wurde am 9. November ins Leben geru­fen. Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wurde zum Reichskanzler pro­kla­miert. Am 12. November legte der Rat der Volksbeauftragten, der für die ers­ten Monate nach der Republikausrufung die Regierungsgewalt inne­hatte, den „Aufruf an das deut­sche Volk“ vor. Darin heißt es: „Alle Wahlen zu öffent­li­chen Körperschaften sind fortan nach dem glei­chen, gehei­men, direk­ten, all­ge­mei­nen Wahlrecht auf Grund des pro­por­tio­na­len Wahlsystem für alle min­des­tens 20 Jahre alten männ­li­chen und weib­li­chen Personen zu voll­zie­hen.“ Somit hat­ten Frauen in Deutschland das all­ge­meine Wahlrecht erreicht.

Elisabeth Selbert, Quelle https://​www​.hdg​.de/​l​e​m​o​/​b​i​o​g​r​a​f​i​e​/​e​l​i​s​a​b​e​t​h​-​s​e​l​b​e​r​t​.​h​tml

Besonders die SPD setzte sich für das Frauenwahlrecht ein. Doch auch Frauen außer­halb der Partei kämpf­ten für ihr Wahlrecht unab­hän­gig von Alter, Stand oder Beruf. Es war, nicht nur für Frauen, ein Kampf die­ses Privileg des Wahlrechts durch­zu­set­zen. Frauen wurde geringe Intelligenz zuge­spro­chen, außer­dem wur­den sie auf­grund ihrer Gebärfähigkeit gleich aus dem poli­ti­schen Leben aus­ge­schlos­sen, da sie ja „Gottgewollt“ für den pri­va­ten Gebrauch erschaf­fen wur­den. Elisabeth Selbert setzte durch, dass der Satz „Männer und Frauen sind gleich­be­rech­tigt“ 1949 im Artikel 3, Abs. 2 des Grundgesetzes auf­ge­nom­men wurde.
Die Mehrheit der Abgeordneten waren in der SPD zu fin­den. Marie Juchacz sprach als erste Frau über­haupt im deut­schen Parlament und hält am 19. Februar 1919 eine Rede:

„Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke spre­chen darf, und ich möchte hier fest­stel­len, und zwar ganz objek­tiv, dass es die Revolution gewe­sen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile über­wun­den hat. (…) Die Frauen besit­zen heute das ihnen zuste­hende Recht der Staatsbürgerinnen. Gemäß ihrer Weltanschauung konnte und durfte eine vom Volk beauf­tragte sozia­lis­ti­sche Regierung nicht anders han­deln, wie sie gehan­delt hat.“

Doch auch heute ist das Ziel der abso­lu­ten Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht. Bis heute wer­den Frauen benach­tei­ligt, weni­ger ernst genom­men und haben es in der Gesellschaft schwe­rer. Sie ver­die­nen weni­ger, wer­den noch zu oft auf ihr Aussehen redu­ziert, lei­den viel zu häu­fig unter häus­li­cher Gewalt und zu oft wird das weib­li­che Geschlecht als Schimpfwort benutzt. Schaut man sich heute etwa den Bundestag an, sieht man, dass der Männeranteil wei­ter­hin wesent­lich höher ist (der­zeit 490 Männer, 219 Frauen). Wünschenswert wäre es, wenn die SPD (mich ein­ge­schlos­sen) wie­der mehr Energie und Kraft auf­wen­den würde, um den Kampf für kom­plette Gleichberechtigung auf­zu­neh­men, und auch in ande­ren Bereichen fort­schritt­li­cher denkt, wie­der klare Positionen bezieht, um so wie­der etwas zu bewe­gen und aus fest­ge­fah­re­nen Strukturen aus­zu­bre­chen.

Literatur/Quellen: