Wahrscheinlich haben Sie sich auch schon über Müll auf den Straßen aufgeregt, über hohe Müllgebühren oder fehlende Mülleimer. Doch ist die Aufregung gerechtfertigt, was sind die Gründe für den Müll auf Straßen und wie funktioniert die Müllabfuhr eigentlich? Um diese Fragen zu beantworten hat das Stühlinger Magazin recherchiert und sich mit Herrn Broglin, dem Geschäftsführer der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg (ASF) getroffen.
Die ASF wurde 2000 gegründet und übernahm die Aufgaben der städtischen Müllabfuhr und Stadtreinigung. 53 % der ASF gehören der Stadt, der Rest dem Unternehmen Remondis. Die ASF arbeitet eigenwirtschaftlich, das heißt, jeder kann bei ihr einen Service einkaufen, nicht nur die Stadt. So holt die ASF auch Speisereste von Restaurants ab oder leert Altkleidercontainer im Auftrag von Vereinen. Die Aufstellung und Leerung der öffentlichen Mülleimer erfolgt als Auftrag der Stadt. Als der Oberbürgermeister am Seepark Mülleimer aufstellen ließ, hat die Stadt diese Dienstleistung bei der ASF eingekauft. Alle Tätigkeiten der Reinigung muss die Stadt aus ihrem Haushalt bezahlen und kann sie bei Unternehmen wie der ASF einkaufen. Wie viele und welche Mülleimer es gibt und wie oft welche Straße gefegt wird, liegt damit in der Hand des Gemeinderats, der den städtischen Haushalt beschließt.
Für die Straßenreinigung gibt es einen Reinigungsplan, der vom Garten- und Tiefbauamt erarbeitet wird. Je nach Lage einer Straße wird sie mehrmals täglich oder einmal monatlich gereinigt. Die Häufigkeit variiert zudem je nach Jahreszeit, Veranstaltungen und Baustellen. Bei der Reinigung von öffentlichen Flächen übernimmt teils das Gebäudemanagement Freiburg (GMF,) teils die ASF die Reinigung. Abb.1 zeigt den Reinigungsplan für den Stühlinger Kirchplatz. Man sieht, dass der Teil an der Schule von der GMF, der Rest von der ASF gereinigt wird. Der gepflasterte Bereich rings um die Kirchenmauer wird hingegen von der Kirchgemeinde gereinigt. Es gibt also 3 verschiedene Reinigungsgesellschaften für den Platz. Der Wind trägt weggeworfenen Müll jedoch in alle Bereiche, so dass es sinnvoll wäre, wenn die Stadt den kompletten Platz entweder der GMF oder der ASF überträgt und die Kirchgemeinde die Reinigung auch bei dieser Gesellschaft beauftragt. So könnte effektiver gereinigt werden.
An vielen Stellen hat die Stadt die Mülleimer durch Edelstahlbehälter ersetzen lassen. Diese sind robust, halten auch einen Brand durch Zigaretten aus und sind speziell beschichtet, um sie von Graffiti und Aufklebern reinigen zu können. Ein Stahlbehälter kostet ca. 7 Mal so viel wie einer der orangenen Mülleimer, die an den Bushaltestellen hängen. Die Erfahrung ist, dass die orangenen Behälter zu oft zerstört werden, besonders in der Innenstadt im Sommer. Insofern rechnen sich die neuen Behälter und vor allem fliegt kein Müll mehr aus zerstörten Behältern durch die Straßen.
Während die Stadt alle Kosten der Reinigung trägt, werden mit den Müllgebühren die Kosten für die Müllabfuhr finanziert. Im bundesweiten Vergleich der Müllgebühren lag Freiburg 2016 im Mittelfeld, ca. 9% über dem Schnitt aller Großstädte. Insofern kann man nicht sagen, dass die FreiburgerInnen besonders belastet sind. Die Müllabfuhr erledigt stadtweit die ASF, dazu gehört auch der Sperrmüll. Die Müllgebühren sind auch deswegen über dem Bundesschnitt, da jeder Haushalt im Jahr 4 m³ Sperrmüll kostenfrei abholen lassen kann. In Würzburg z.B. muss man hingegen seinen Sperrmüll selbst zum Wertstoffhof bringen oder 5 €/m³ zahlen. In Freiburg genügt es, eine der Postkarten an die ASF zu schicken, die man jedes Jahr mit dem Müllkalender erhält. Obwohl das ein verschwindend geringer Aufwand ist, stellen immer mehr Leute ihren Sperrmüll auf die Straße, oft mit einem Zettel „zu verschenken“. Doch wer möchte Müll geschenkt haben? Selbst wenn ein paar Gegenstände tatsächlich von Passanten mitgenommen werden, so lädt ein Müllhaufen dazu ein, seinen Müll mit dazu zu werfen. Die Konsequenz sind immer mehr Müllhaufen in den Straßen und der Herbstwind trägt ihn in die Vorgärten. Das ist ein stadtweites Problem und betrifft die Wiehre genauso wie den Stühlinger. Jedes Sperrmüllfahrzeug der ASF ist mit mehreren Leuten besetzt. Damit diese effektiv fahren, wird gemäß den Müllpostkarten eine Route entworfen. Wilde Müllhaufen erfordern neue Routen und da die Menge nicht klar ist, ist es zudem schwer abzuschätzen, wie lange man dafür braucht. Wilde Müllhaufen können daher erst nach einigen Tagen beräumt werden. Die Mehrkosten dafür müssen alle FreiburgerInnen tragen, denn Überstunden müssen selbstverständlich bezahlt werden. So hat die Beseitigung des Müllhaufens in der Ferdinand-Weiß-Str., über den auch die BZ berichtet hatte, 2500 € gekostet. Je mehr es solche Müllhaufen gibt, umso mehr müssen die Müllgebühren erhöht werden. Das muss sich jeder klar machen, der etwas „verschenken“ möchte oder der seinen Müll dazu stellt. Wer beim Rausstellen erwischt wird, bekommt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren und eine Rechnung der Beseitigung des Mülls.
Vom Sperrmüll abgesehen, sind wir Freiburger auf den ersten Blick vorbildlich. Wir produzierten 2016 pro Kopf 381 kg Haushaltsmüll, das sind 21 % weniger als der Bundesschnitt. Rechnet man den Elektroschrott dazu, produziert jeder Deutsche jedoch 40 % mehr Müll als z.B. ein Spanier. Europaweit Spitze sind wir hingegen mit einer Recyclingquote von 66 % und nur 1 % des Hausmülls landet auf einer Deponie. Doch ist Recycling in jedem Fall gut und was passiert genau mit unserem Müll?
Müll wird getrennt gesammelt, da er auch getrennt behandelt wird.
- Müll aus den kostenpflichtigen Tonnen wird in der Müllverbrennungsanlage TREA in Eschbach verbrannt. Die dadurch entstehende Schlacke wird nebenan von der Schlackeverwertung Breisgau zu Baustoffen weiterverarbeitet und z.B. als Unterbau für Straßenbelag und zur Endabdeckung der geschlossenen Deponie Eichelbuck eingesetzt. Schlackereste, die nicht weiter verwendet werden können, werden in Deponien der umliegenden Landkreise eingelagert.
- Bauschutt wird von der ASF stofflich und im Volumen nur begrenzt angenommen. Je nach Typ des Schutts fallen dafür gesonderte Kosten an. Die ASF übergibt den Schutt an darauf spezialisierte Entsorgungsfirmen Firmen wie z.B. die FEBA. Sonderabfälle wie Asbest oder Mineralfasern werden auf der Deponie Kahlenberg in Ringsheim endgelagert. Wer eine Baustelle hat, muss eine Recyclingfirma beauftragen und sich vorher informieren, wie er den Schutt vorsortieren muss, damit er zur Abholung akzeptiert wird.
- Papier wird auf dem Gelände der Remondis an der Liebigstraße umgeschlagen und dann meist nach Gernsbach aber auch deutschlandweit an Papierwerke verkauft. Recyclingpapier besteht aus bis zu 85 % Altpapier. Papier kann so fast komplett recycelt werden. Daher ist der Kauf von Recycling-(Toiletten)Papier gut für die Umwelt.
- Glas wird nach Farben getrennt gesammelt, da es wieder Sortenrein für neue Gefäße gegossen wird. Nach der Sammlung wird es ebenfalls von Remondis umgeschlagen. Weiß- und Grünglas wird an eine Glashütte in Achern geliefert, Braunglas an eine Glashütte in Bad Wurzach. Das sind erhebliche Transportwege von bis zu 200 km. Glas ist schwer, nicht selten schwerer als der Inhalt. Die langen Transportwege führen daher zu einen hohen Ausstoß von CO2. Außerdem muss man Glas zum Schmelzen auf über 1200 °C erhitzen. Der Umwelt hilft es daher enorm, wenn man Leitungswasser trinkt (evtl. Kohlensäure zugibt), das zudem besser kontrolliert wird als jedes Lebensmittel. Bei Getränken hat die Kunststoffflasche aufgrund ihres geringeren Gewichts meist die bessere Ökobilanz und Flaschen namhafter Hersteller sind innen schon seit Längerem mit einer hauchdünnen Schicht Glas versehen, so dass man auch geschmacklich dasselbe Ergebnis hat, wie wenn man aus einer Glasflasche trinkt. Mehrweg ist natürlich auch bei Kunststoff die umweltfreundlichste Lösung.
- Textilien werden in Altkleidercontainern, meist von gemeinnützigen Vereinen gesammelt. Die meisten Vereine haben einen Vertrag mit der ASF, die die Container betreut und bei jeder Leerung den Inhalt wiegt. Pro Tonne Altkleider zahlen Verwerter aktuell um die 300 €. Vom Erlös geht ein vertraglich festgelegter Betrag an die Vereine. Die ASF sortiert manuell alles aus, was kein Textil ist. Danach übernehmen andere Firmen. Diese sortieren gut erhaltene Stücke aus und verkaufen sie weltweit im Second-Hand-Markt. Nicht verkaufbare Kleidung wird ebenfalls weltweit weiter verarbeitet. Typisch sind Fasern für die Dämmung von Autokarossen oder für Putzlappen. Was auch dafür nicht verwendet werden kann, kann verbrannt oder deponiert werden. Da die Verwerter Geld für die Altkleider bezahlt haben, sind sie nicht daran interessiert, Geld fürs Verbrennen oder Deponieren auszugeben und so sind unsere Altkleider auch oft Teil der Müllberge anderer Länder. Besonders Schuhe lassen sich nur schwer recyceln, da Sohlen aus Gummi mit anderen Kunststoffen und Leder verklebt sind. Jeder Deutsche wirft jedoch 5 paar Schuhe im Jahr weg. Insofern ist es sinnvoll, nicht mehr tragbare Schuhe in die Restmülltonne zu geben, weil sie dann nicht ins Ausland gelangen. Was nicht mehr tragbar heißt, ist in dieser Broschüre anhand von Fotos erläutert.
- Biomüll wird in die Remondis-Tochterfirma Reterra an der Tullastraße geliefert. Dort werden zuerst Metalle und bestmöglich Kunststoffe aussortiert. Der Müll kommt dann für ca. 1 Monat zusammen mit Wasser in einen Gärbehälter. Das entstehende Biogas wird gesammelt und in Blockheizkraftwerken vor Ort und in Landwasser verbrannt. Die gegärte Masse wird entwässert. Die so erhaltene Flüssigkeit wird als Flüssigdünger an Landwirte verkauft. Die festen Reste werden getrocknet und dann gesiebt. Die groben, holzigen Bestandteile werden in Biomassekraftwerken verbrannt. Die feinen Anteile werden als Kompost an Landwirte und Gärtner verkauft. Dabei ist es ein großes Problem, wenn Bioabfall in Plastiksäcken eingeworfen wird, denn die feinen Plastikfetzen von den Säcken können nur bedingt entfernt werden. Viele Fetzen landen im Kompost und gelangen so auf Felder und Gärten und bleiben dort für Jahrzehnte.
- Elektrogeräte werden unter anderem zur Firma ALBA Electronics Recycling in Lustadt geliefert. Dort werden die Geräte mit viel Handarbeit auseinandergebaut und die Wertstoffe so sortenrein vorsortiert. Zur endgültigen Gewinnung werden diese dann an weitere Firmen wie z.B. Kupferhütten geliefert.
- Verpackungen werden in gelben Säcken gesammelt. Die Stadt hatte 1994–95 einmal gelbe Tonnen, doch zu viele BürgerInnen haben darin ihren Hausmüll geworfen, um Kosten zu sparen. Die gelben Säcke werden an der Liebigstraße umgeschlagen und an derzeit 9 Firmen verteilt, die vom Dualen System beauftragt sind und von den Herstellern der Produkte bezahlt werden. Dabei werden die gelben Säcke weit gefahren, z.B. bis nach Neustadt an der Weinstraße. Dort werden sie sortiert. Metalle werden von Kunststoffen getrennt. Sortenreine Kunststoffe können schnell und effektiv herausgefiltert werden. Je nach Kunststoffsorte kann man neue Verpackungen herstellen, indem man bis zu 70 % Recyclingmaterial verwendet. Problematisch sind Kunststoffmischungen. So bestehen klassische Kaffeekapseln aus 2–3 verschiedenen Kunststoffen, die man nicht mehr trennen kann. Man kann solche Kapseln daher nur als Rohölersatz z.B. bei der Zementherstellung verbrennen. Kaffeekapseln sind generell ein Frevel an der Umwelt, denn Kapseln aus Aluminium sind nicht besser, aber Mischkunststoffe stecken auch in vielen anderen Verpackungen. Um die Entwicklung in Richtung sortenreiner Verpackungen zu lenken, gilt ab 2019 ein neues Verpackungsgesetz, das die Recyclebarkeit fördert.
Dass es in und um Freiburg keine Sortieranlage für Verpackungen gibt, erscheint erst einmal schlecht für die Umwelt. Man muss jedoch schauen, wo die Firmen sitzen, die neue Verpackungen herstellen. Sitzen die z.B. im Rhein-Main-Gebiet, ist es kein Nachteil die gelben Säcke in der Pfalz zu sortieren. Doch jeder sortierte Wertstoff muss zu einem anderen Betrieb gebracht werden. Das ist ein so großer logistischer Aufwand, dass fast jeder sechste LKW auf den Autobahnen Müll/Recyclingstoffe transportiert. Auch wenn unsere Recyclingquote in Europa spitze ist, heißt das also nicht, dass es auch besser für die Umwelt ist. Schlussendlich hilft nur Müll zu vermeiden. Und bei den Verpackungen kann jeder von uns noch viel sparen. Von den Flächenländern der EU produziert nur Dänemark mehr Müll als wir; das zeigt das Einsparpotential.