Nicht erst seit den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU ist ein Anliegen der SPD die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen abzuschaffen.
Inhaltsverzeichnis
Was heißt sachgrundlos?
Mit einem befristeten Arbeitsvertrag endet die Anstellung nach Ablauf der Frist. Für Befristungen gibt es sachliche Gründe: Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretung, Mitarbeit in einem befristeten Forschungsprojekt o.Ä. Sachgrundlos ist eine Befristung, wenn es keinen konkreten Grund gibt, eine Person auch unbefristet einzustellen.
Aktuell gibt es im § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetz diese Fälle, in denen eine Befristung ohne sachlichen Grund zulässig ist:
- wenn die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern
- wenn die Befristung zur Erprobung des Arbeitnehmers erfolgt
- wenn der Arbeitnehmer in einem neu gegründeten Unternehmen arbeitet
- wenn der Arbeitnehmer über 52 Jahre alt ist und vorher mindestens 4 Monate beschäftigungslos war, Transferkurzarbeitergeld bezogen hat oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat.
Warum will die SPD sachgrundlose Befristungen abschaffen?
Die SPD setzt sich für die Arbeitnehmer ein. Diese haben durch die Befristung viele Nachteile:
- Mit einem befristeten Arbeitsvertrag nach der Ausbildung, hat man keine Sicherheit, anschließend in der Firma bleiben zu können. Dies bedeutet, dass man einerseits unter Druck ist, sich parallel zur Arbeit eine neue Stelle zu suchen. Andererseits muss man für eine neue Stelle oft den Ort wechseln. Das sind keine guten Voraussetzungen eine Familie zu gründen.
- Für die Erprobung gibt es bereits die Probezeit. Erst nach Ablauf von 6 Monaten ist ein Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt. Ein halbes Jahr reicht aus, um einschätzen zu können, was der Arbeitnehmer kann. Mit befristeten Arbeitsverträgen hat der Arbeitgeber ein Druckmittel um besondere Leistungen einzufordern (Arbeit am Wochenende, Verzicht auf Überstundenausgleich o.Ä.), denn ansonsten bekommt man keinen Anschlussvertrag. Hat man einen unbefristeten Arbeitsvertrag, ist es sein gutes Recht wenn man z.B. nicht am Wochenende arbeiten möchte, wenn das im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde.
- Die Regelung für neu gegründete Unternehmen erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. Doch warum eigentlich? Nach einer Neugründung sind Umstrukturierungen oder eine Insolvenz nicht selten. Das Unternehmen ist durch befristete Arbeitsverträge in der Praxis mitunter unflexibel, denn befristete Arbeitsverträge sind nicht ohne Weiteres kündbar, eine Umstrukturierung ist jedoch ein betriebsbedingter Kündigungsgrund.
- Die Regelung für über 52-jährige kann missbraucht werden. Daher gab es bereits ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das die Altersbefristung eingeschränkt hat. Außerdem ist man mit 52 noch 15 Jahre im Arbeitsleben. Es ist nicht sozial Personen 15 Jahren vor der Rente schon zum alten Eisen zu zählen und dafür den Arbeitgebern besondere Zugeständnisse zu machen. Von der Arbeitgeberseite wird ein Fachkräftemangel beklagt, doch können gerade Leute mit großer Berufserfahrung befristet eingestellt werden. Dies passt nicht zusammen. Dem Arbeitnehmer bringt es nichts, wenn er z.B. 2 Jahre ab seinem 60. Lebensjahr befristet angestellt war, denn mit 62 hat er dasselbe Problem auf dem Arbeitsmarkt. Wenn er seine Arbeit gut macht, gibt es keinen Grund ihn nur befristet anzustellen. In den meisten Fällen folgt in der Tat ein Anschlussvertrag. Im Endeffekt hat nur der Arbeitgeber einen Vorteil, da er durch die Befristung ein besonderes Druckmittel hat, siehe den zweiten Punkt.
Es gibt also gegen jeden derzeit erlaubten Fall einer Befristung ohne Sachgrund gute Argumente. Diese werden auch von den Gewerkschaften mitgetragen. Derzeit sind ca. 3,5 Millionen Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) befristet angestellt, vor allem im öffentlichen Dienst. Die Sachgrundlosen Befristungen stellen nicht den Hauptanteil dar, werden in der Praxis aber auch genutzt um Kettenbefristungen zu ermöglichen (eine Befristung folgt auf die nächste). Fällt ein Sachgrund weg, wird ohne befristet, bis sich wieder ein Sachgrund auftut. Da der Mitarbeiter aber offensichtlich benötigt wird, gibt es keinen Grund, warum er nicht auch unbefristet eingestellt werden könnte.
Die SPD hat die Abschaffung bereits seit 2013 im Wahlprogramm und wir haben das aufgrund des damaligen Koalitionsvertrags nicht mit Nachdruck verfolgt. Das war ein Fehler, wie auch diese Befristungen im Rahmen der Hartz‑I Reform zuzulassen. Die erbitterte Debatte in den Koalitionsverhandlungen zeigen, dass wir das erkannt haben.
Aus dem Wahlprogramm der SPD
Als Referenz was genau die SPD bisher beschlossen hat:
Nach der Ausbildung brauchen junge Menschen sichere Zukunftsperspektiven. Deshalb wollen wir eine Ankündigungsfrist für Arbeitgeber einführen, die Auszubildende nach Ende der Ausbildung nicht übernehmen wollen. Die sachgrundlose Befristung werden wir abschaffen.
Was spricht für sachgrundlose Befristungen?
- Die Arbeitgeber können besser planen und davon ausgehen, dass die befristeten Mitarbeiter die bestmögliche Leistung bringen, um einen Anschlussvertrag zu erhalten oder entfristet zu werden.
- Personen mit einer Vorerkrankung oder mit längerer Arbeitslosigkeit kann einen Befristung helfen, Arbeit zu bekommen. Die Arbeitgeber haben weniger Risiko, dass jemand durch eine Erkrankung länger nicht voll arbeitsfähig sein könnte. Bei Personen mit längerer Arbeitslosigkeit sind manche Arbeitgeber nach Ablauf der Probezeit nicht sicher ob die Leistung auch weiterhin stimmt. Dies mag ein Vorurteil sein, durch die Befristung sinkt aber die Schwelle zur Einstellung.