Hinter dem sperrigen Namen Vollzugsdienst der Polizeibehörde verbirgt sich Freiburgs kommunale Polizei. Nachdem vor 5 Jahren die Einführung des Kommunalen Ordnungsdienstes als städtische Polizei noch gescheitert war, wurde im vergangenen Jahr ein neuer Anlauf genommen. Der Auslöser war, dass die Kriminalität in Freiburg über dem Landesdurchschnitt lag. In einer Vereinbarung mit dem Land wurde die Landespolizei personell in Freiburg aufgestockt und die Stadt führte eine kommunale Polizei ein. Die Idee der kommunalen Polizei ist, dass diese sich hauptsächlich um Ordnungswidrigkeiten kümmert und vor allem präventiv tätig wird. Straftäter werden immer der Landespolizei übergeben, mit der man eng zusammenarbeitet. Kommunale Polizisten können an Brennpunkten verstärkt zum Einsatz kommen, während die Landespolizei entlastet wird und mehr Kapazitäten für z.B. die Ermittlung bei Strafverfahren bekommt. Die kommunale Polizei hat dieselben Befugnisse wie die Landespolizei, sie trägt daher auch eine blaue Uniform. Sie hat jedoch weder Schlagstöcke noch Schusswaffen, kann daher nicht in allen Fällen eingreifen. Zum eigenen Schutz tragen die Polizisten eine Schutzweste und Pfefferspray.
Freiburgs „Stadtpolizei“ ist erst einmal als Projekt auf zwei Jahre angelegt. Zur Halbzeit des Projekts hat das Stühlinger Magazin mit Polizisten in der Innenstadt gesprochen und sich mit dem Leiter der Stadtpolizei, Herrn Oswald, getroffen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Derzeit hat die Stadtpolizei 12 Polizisten, die in der Regel zu zweit in zwei Schichten Streife laufen. Aktuell gibt es für sie nur ein Auto, wobei ein zweites bereits bewilligt ist. Mit nur 12 Leuten kann die Stadtpolizei nur in bestimmten Zeiten aktiv sein. Derzeit ist das Montags von 11–19 Uhr, Di–Do von 9:15–21:15 Uhr, Fr von 9:15–0:30 Uhr und von Sa 15 Uhr – So 6 Uhr morgens. Die Hälfte der Polizisten hat vorher beim Gemeindevollzugsdienst gearbeitet. Sie kennen die Stadt daher gut und konnten so ihre neuen Kollegen gut einweisen
Die Stadtpolizei hat nicht nur einen anderen Aufgabenbereich als die Landespolizei, sondern auch ein anderes Konzept. Es geht in erster Linie darum, durch Präsenz Missstände anzusprechen, aufzuklären und so ohne Konfrontation Probleme wie Müll, Wildpinkeln, Lärm dauerhaft in den Griff zu bekommen. Dies kommt in der Bevölkerung und auch bei den Touristen bisher gut an. Gerade bei Touristen sieht man, dass sich die Stadtpolizei auch die Zeit nimmt, einen Weg zu zeigen, die Öffnungszeit eines Museums zu recherchieren oder das System der VAG-Fahrkarten zu erklären.
Das sanfte Konzept, lieber noch einmal erklärend zu verwarnen, scheint aufzugehen. So ging die spontane Feier am Café Extrablatt mit mehreren hundert Abiturienten so aus, wie es in einer Großstadt sein sollte: Auch wenn nichts angemeldet war, konnte gefeiert werden, weil man großzügig war. Die Abiturienten haben die Feier beizeiten beendet und die von der Stadtpolizei organisierten Müllsäcke danach gut gefüllt. Die Alternative eines Platzverweises hätte hingegen nur für Ärger gesorgt, denn die Abiturienten wären frustriert, die Polizisten müssten sich mit der Verwaltung von Anzeigen beschäftigen statt draußen präsent zu sein und die Stadtreinigung hätte eine Sonderschicht einlegen müssen, was Zeit und Geld gekostet hätte.
Wer auf mündliche Verwarnungen nicht reagiert, muss mit Verwarn- oder Bußgeld rechnen. Zum Beispiel kostet Wildpinkeln mit allen Verwaltungsgebühren 128,50 €. Je nach Jahreszeit gibt es bestimmte Probleme, die angegangen werden. Im Sommer ist das vor allem die Außenbewirtschaftung in der Innenstadt und wildes Grillen am Seepark und an der Dreisam. Die Stadtpolizei hat für die meisten Ordnungswidrigkeiten Handzettel parat, die erklären und informieren. Beim Grillen fehlt dieser leider noch, obwohl viele nicht wissen, wo es Grillplätze gibt und bei welchen Plätzen man sich vorher anmelden muss oder reservieren kann und wer dazu der Ansprechpartner ist.
In der Stadt gibt es momentan diese Brennpunkte: Colombipark (Drogen), Stadtpark (Lärm), Seepark (Grillen), Stühlinger Kirchplatz (Drogen und Pinkeln). Um diese Brennpunkte konsequenter abzulaufen und dennoch stadtweit präsent zu sein, fehlt Personal. Wenn die Stadtpolizei auf Dauer wirksam sein soll, wird man nicht umhin kommen, statt 12 Personen 18 oder besser 24 zu haben. Dann kann man zeitlich flexibler in drei Schichten patrouillieren, auch bei Veranstaltungen unter der Woche nachts präsent sein, sowie Krankheit und Urlaubszeiten abfedern.
Die Rückmeldungen aus dem Stühlinger sind positiv. Wie in anderen Stadtteilen, wünschen sich die meisten Bürger noch mehr Präsenz. Die Anwohner des Kirchplatzes wünschen sich zudem eine langfristige Lösung gegen das Wildpinkeln. In der Diskussion mit Herrn Oswald kam dem Stühlinger Magazin die Idee, dass eine machbare Lösung der Bau einer Pinkelmauer wäre. Das Vorbild ist die sogenannte „Befreiungshalle“ im Augustiner-Biergarten in München. So eine Mauer passt neben die Glascontainer beim Boule-Platz, sie braucht kein Personal und Betrunkene können kaum etwas zerstören. So hätte man rund um die Uhr eine Möglichkeit auszutreten und die Stadt minimale Kosten. Die Stühlinger SPD wird die Idee weiter verfolgen.
Alles in allem kann man als Halbzeitbilanz über die Stadtpolizei sagen, dass sie sinnvoll ist, weil die Bürger sie annehmen. Sie braucht mehr Personal, wenn sie präsenter sein soll, und sie sollte zum Selbstschutz auch Teleskop-Schlagstöcke tragen dürfen. Eine Stadtpolizei kann sich ortskundig der aktuellen Probleme besser annehmen als die Landespolizei und das Konzept, lieber ein Auge zuzudrücken und zu erklären, hat sich bewährt.
Insofern wird sich die Stühlinger SPD für eine Fortführung der Stadtpolizei einsetzen. Sie sollte dann auch wirklich „Stadtpolizei“ heißen, denn „Vollzugsdienst der Polizeibehörde“ klingt so nichtssagend wie „Lichtsignalanlage“ statt Ampel.
Viele Meldungen erhält die Stadtpolizei über das Amt für öffentliche Ordnung oder die Landespolizei . Jeder Bürger kann sich aber auch direkt an die Stadtpolizei wenden:
Tel: 0761–201-4923, Email: Vollzugsdienst@stadt.freiburg.de