CO2-Bepreisung jetzt!

Wie ent­schei­det man, was gut für die Umwelt ist? Dies ist eine kniff­li­ge Fra­ge, denn was ist eigent­lich bes­ser, ein Ein­kaufs­beu­tel aus Plas­tik oder aus Baum­wol­le? Um die­se und wei­te­re Fra­gen zu beant­wor­ten, haben wir ein Wochen­end­se­mi­nar organisiert.

Für gute Ent­schei­dun­gen muss man sich mög­lichst alle Fak­to­ren anschau­en: Was­ser­ver­brauch, CO2-Aus­stoß, Che­mi­ka­li­en­ein­satz uvm. Dies macht man bei der Auf­stel­lung einer Öko­bi­lanz. Wie das in der Pra­xis funk­tio­niert und wel­che Vor­tei­le aber auch Gren­zen die­se Metho­de hat, hat uns Herr Ret­ten­mai­er vom IFEU-Insti­tut erklärt.

Herr Bod­mer von der Fir­ma solution.B hat uns sei­ne Ent­wick­lung einer Eier­ver­pa­ckung aus Plas­tik vor­ge­stellt und gezeigt, dass sie eine viel bes­se­re Öko­bi­lanz hat, als die der aktu­el­len Eier­ver­pa­ckun­gen aus Alt­pa­pier. Plas­tik ist in vie­len Fäl­len die bes­te Wahl, es darf jedoch nicht ins Meer gelan­gen. Man kann Plas­tik zudem sehr gut recy­clen, wenn man Ver­pa­ckun­gen aus einer ein­zi­gen Plas­tik­sor­te her­stellt. Ein Joghurt-Becher besteht z.B. hin­ge­gen meist aus 3 ver­schie­de­nen Plas­tik­sor­ten und dazu noch aus einem Alu­de­ckel. Statt Plas­tik zu ver­bie­ten, muss man also dafür sorgen,

  • dass es nicht ins Meer gelangt oder vom Wind in die Land­schaft geweht wird.
  • dass einen Preis bekommt, so dass man es mehr­fach verwendet.
  • dass man Pro­duk­te aus nur einer Sor­te Plas­tik her­stellt und danach recycelt.

Sinn­vol­ler Mate­ri­al­ein­satz wie bei Ver­pa­ckun­gen ist ein Bau­stein für gute Umwelt­po­li­tik, eine ande­rer wich­ti­ger Punkt ist Kli­ma­schutz. Trotz aller Umwelt­ab­kom­men steigt der CO2-Aus­stoß unauf­hör­lich. Was kann man dage­gen tun? Grund­sätz­lich gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Die Regie­rung bzw. die EU gibt eine maxi­ma­le Men­ge an CO2 vor, die aus­ge­sto­ßen wer­den darf. Die Fir­men müs­sen Rech­te kau­fen, CO2 aus­sto­ßen zu dür­fen. Dies ist ein soge­nann­tes CO2-Zer­ti­fi­kat. Alle Zer­ti­fi­ka­te zusam­men erge­ben den maxi­mal erlaub­ten Aus­stoß, die Men­ge an Zer­ti­fi­ka­ten ist daher fest. Jede Fir­ma darf nur so viel aus­sto­ßen, wie es ihr Zer­ti­fi­kat zulässt. Wenn sie mehr aus­sto­ßen will, kann sie sich Zer­ti­fi­ka­te ande­rer Fir­men kau­fen. Die Idee ist, dass eine Fir­ma, die mit weni­ger Emis­sio­nen aus­kommt, ihre Inves­ti­tio­nen dadurch refi­nan­zie­ren kann, indem sie weni­ger CO2 aus­stößt als sie darf und daher die unbe­nutz­ten CO2-Men­gen ver­kauft. Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­te kön­nen somit gehan­delt werden.
  • Die Idee einer CO2-Beprei­sung ist es, dass sich Ver­brau­cher nicht mit jedem Pro­dukt beschäf­ti­gen müs­sen, das sie kau­fen. Wir Kon­su­men­ten ent­schei­den meist zuerst nach dem Preis, danach fol­gen ande­re Kri­te­ri­en. Es soll­te also so sein, dass Waren im Super­markt bil­li­ger sind, wenn sie die Umwelt weni­ger schä­di­gen. Wir grei­fen dann ver­mehrt zu den bil­li­gen Pro­duk­ten und tun so auto­ma­tisch etwas Gutes für die Umwelt. Dazu muss man Pro­duk­te teu­rer machen, die viel CO2 frei­set­zen. Der Aus­stoß von CO2 bekommt somit direkt einen Preis. Das wäre z.B. eine CO2-Steu­er oder Abga­be. Da es nicht für alle Pro­duk­te sofort eine umwelt­freund­li­che Alter­na­ti­ve gibt, kommt es dar­auf an, wie man eine CO2-Beprei­sung umsetzt, damit z.B. Pend­ler nicht belas­tet werden.

Was sind die Vor- und Nach­tei­le bei­der Mög­lich­kei­ten? Um dies zu beant­wor­ten, haben wir Herrn Voh­rer von der FDP ein­ge­la­den. Er ist Geschäfts­füh­rer der Fir­ma glo­bal-woods Inter­na­tio­nal AG und einer der Väter des Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­te­han­dels auf EU-Ebe­ne. Er hat uns die Mög­lich­kei­ten aber auch die Gren­zen des Zer­ti­fi­ka­te­han­dels auf­ge­zeigt. So deckt der Han­del aktu­ell nur die Ener­gie­wirt­schaft ab (Strom­erzeu­gung usw.). Die­se ist zwar der größ­te CO2-Aus­sto­ßer, aber am Gesamt­aus­stoß ist die Ener­gie­wirt­schaft nur zu ca. 40 % betei­ligt. Ande­re Berei­che wie Ver­kehr, Bau­wirt­schaft, Ver­pa­ckun­gen, Lebens­mit­tel- und Tex­til­her­stel­lung usw. müs­sen kei­ne Zer­ti­fi­ka­te kau­fen. Man muss daher auf euro­päi­scher Ebe­ne den Zer­ti­fi­ka­te­han­del auf alle Berei­che aus­wei­ten. Außer­dem muss man den han­del so ver­bes­sern, dass es weni­ger Schlupf­lö­cher gibt. Bis euro­pa­wei­te Regeln beschlos­sen sind und auch grei­fen, dau­ert es lei­der Jahre. 

Herr von Weiz­sä­cker ist einer der Grün­der­vä­ter des Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Geset­zes. Er hat uns dar­über berich­tet und über sei­ne Anstren­gun­gen mit dem Club of Rome. Die­ser Klub von Exper­ten ver­schie­de­ner Dis­zi­pli­nen setzt sich für welt­wei­tes, nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten ein.

Frau Blum vom Insti­tut für Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten der Uni Frei­burg hat uns die Vor- und Nach­tei­le des Zer­ti­fi­ka­te­han­dels und einer CO2-Beprei­sung aus wis­sen­schaft­li­cher Sicht erläu­tert. Dabei wur­de klar, dass rein wis­sen­schaft­lich bei­des zum Erfolg füh­ren kann, aber man die Psy­cho­lo­gie der Men­schen außer acht lässt, sprich ihre Akzep­tanz, dass Umwelt­schutz etwas kos­ten muss.

Das Eine Welt Forum Frei­burg hat uns inter­ak­tiv gezeigt, wie die Res­sour­cen, die Bevöl­ke­rung und die Umwelt­ver­schmut­zung welt­weit ver­teilt sind.

Das For­scher­ehe­paar Speck vom Bota­ni­schen Gar­ten Frei­burg hat uns gezeigt, wie man sich aus der Natur Din­ge abschau­en kann. Die­ses Wis­sen­schafts­feld ist die Bio­nik. In Frei­burg liegt dabei der Fokus auf Pflan­zen als Vor­bild. Die­se haben kein Gehirn, müs­sen sich ihrer Umwelt daher dezen­tral anpas­sen. Wenn es z.B. eine äuße­re Ver­let­zung gibt, muss die­se schnellst­mög­lich geschlos­sen wer­den, damit die Pflan­ze nicht aus­trock­net. Aus die­sem Prin­zip wur­de eine Emul­si­on ent­wi­ckelt, die man bereits kau­fen kann. Die­se sorgt dafür, dass z.B. ein Boot, dass ein Loch bekom­men hat, nicht unter­geht, weil sich das Loch selbst schnell ver­schließt. Wir haben aber auch gelernt, dass bio­ni­sche Pro­duk­te nicht zwangs­läu­fig umwelt­freund­lich sind. Man muss bei der Ent­wick­lung von Anfang an mit beden­ken, wie man das Pro­dukt spä­ter recy­clen kann.

Als Ergeb­nis neh­men wir Fol­gen­des mit:

  • Umwelt­ver­schmut­zung muss einen Preis bekom­men. Dadurch wer­den umwelt­freund­li­che Pro­duk­te auto­ma­tisch güns­ti­ger als umwelt­schäd­li­che Pro­duk­te. Damit kann jeder von uns durch sei­ne Kauf­ent­schei­dung etwas für die Umwelt tun.
  • Umwelt­ver­schmut­zung hat defi­ni­tiv einen Preis. Man muss z.B. nur zusam­men­rech­nen was es kos­tet, wenn durch die ver­mehrt auf­tre­ten­den Stark­re­gen eine Ort­schaft über­spült wird. Die Betrof­fe­nen lei­den und die Kos­ten tra­gen wir alle.
  • Psy­cho­lo­gie ist ent­schei­dend: Wer z.B. pen­deln muss, tut dies nicht als Spaß und kann es meist auch nicht ändern. Sein Auto hat ihn viel Geld gekos­tet und es ist von der Öko­bi­lanz her sinn­voll, dass man es mög­lichst lan­ge nutzt.

Wir unter­stüt­zen daher mit aller Kraft eine natio­na­le CO2-Beprei­sung mit Umla­ge. Wir haben kei­ne Zeit mehr für jah­re­lan­ges Dis­ku­tie­ren, son­dern müs­sen han­deln. Unser Ansatz ist daher:

  • CO2-Aus­stoß bekommt direkt einen Preis, den der Ver­brau­cher bewusst erst ein­mal sofort zah­len muss. Dadurch wer­den umwelt­schäd­li­che Pro­duk­te teu­rer und damit weni­ger attrak­tiv. Zudem wer­den die Fir­men sofort alles dar­an set­zen, umwelt­freund­li­cher zu pro­du­zie­ren, damit sie güns­tig anbie­ten kön­nen und wir wei­ter­hin ihre Pro­duk­te kaufen.
  • Die Ein­nah­men aus dem CO2-Preis gehen zum Groß­teil wie­der direkt an die Bür­ge­rIn­nen. Jede Per­son, egal wel­chen Alters, bekommt einen fes­ten Betrag zurück­er­stat­tet. Wer umwelt­freund­li­che Pro­duk­te gekauft hat, wird so teil­wei­se noch belohnt, denn die Höhe ist so aus­ge­rich­tet, dass man den durch­schnitt­li­chen CO2-Preis für den Sprit zum Pen­deln wie­der­be­kommt. Wer ein Auto für die gan­ze Fami­lie hat, macht dadurch Gewinn, Pend­ler haben kei­nen Ver­lust aber wer meh­re­re Autos hat, oder eines, das mehr als der Durch­schnitt an CO2 aus­stößt, hin­ge­gen schon. Umwelt­freund­li­ches Ver­hal­ten wird damit belohnt.
  • Ein Teil der Ein­nah­men gehen in einen Umwelt­tech­nik­fonds. Die­ser finan­ziert Umwelt­tech­no­lo­gien. So ist z.B. Elek­tro­ly­se von Was­ser (Auf­spal­tung des Was­sers in Was­ser­stoff und Sau­er­stoff) eine gute Metho­de, um Ener­gie aus Wind und Son­ne zu spei­chern. Es braucht aber erst ein­mal ein gro­ßes Netz von Was­ser­stoff­tank­stel­len, um den Was­ser­stoff danach auch wie­der nut­zen zu kön­nen. Sol­che Kos­ten kann nur der Staat tra­gen, nicht ein­zel­ne Unter­neh­men. Daher über­nimmt das der Fonds.
  • Wir ste­hen zum Zer­ti­fi­ka­te­han­del und wol­len ihn ver­bes­sern und suk­zes­si­ve euro­pa­weit auf vie­le Berei­che aus­deh­nen. Dies braucht jedoch Zeit. Daher wol­len wir eine natio­na­le CO2-Beprei­sung jetzt – noch die­ses Jahr. Daher hat die Frei­bur­ger SPD am 4. Juli beschlos­sen, dass wir die Fort­be­stand der gro­ßen Koali­ti­on dar­an fest­ma­chen, ob wir mit der CDU/CSU eine CO2-Beprei­sung hin­be­kom­men oder nicht. Die­se natio­na­le Lösung kann jeder­zeit ersetzt wer­den, wenn es eine euro­pa­wei­te Lösung gibt.

Der Plas­tik­beu­tel hat übri­gens die bes­te Öko­bi­lanz von allen Mate­ria­li­en für Beu­tel. Wenn man ihn mehr­fach ver­wen­det, ist er umso bes­ser für die Umwelt.

Web­links:
Semi­nar­pro­gramm: https://stühlinger-magazin.de/sommerseminar-2019-der-spd-stuehlinger/
IFEU-Insti­tut: https://www.ifeu.de/
Chick­pack Eier­ver­pa­ckung: http://www.chickpack.com/
glo­bal-woods Inter­na­tio­nal AG: http://www.global-woods-international.com
Club of Rome: http://www.clubofrome.org/
Eine Welt Forum Frei­burg: https://ewf-freiburg.de/
Bota­ni­scher Gar­ten Frei­burg: https://www.botanischer-garten.uni-freiburg.de/